Wenig überraschend hat das BAG vor dem Hintergrund des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz und des Entgelttransparenzgesetz festgestellt, dass Frauen bei gleicher bzw. gleichwertiger Arbeit einen Anspruch auf gleiches Entgelt haben. Damit verfestigt sich in der Rechtsprechung jener Grundsatz, der seit Einführung der Gesetze besteht und dies unabhängig von etwaigen Befindlichkeiten und Scheinargumenten.
Im konkreten Fall wurde argumentiert, dass der männliche Mitarbeiter, der kurz vor der Klägerin eingestellt wurde, die Stelle einer besser vergüteten Mitarbeiterin besetzte. Außerdem sei das höhere Gehalt schlichtweg auf die Verhandlung des männlichen Kollegen zurückzuführen. Ihm wurde nämlich zunächst dasselbe Grundentgelt wie der Klägerin angeboten, dass er jedoch ablehnte. So kam es zu einer über Monate hinweg bestehenden Entgeltdifferenz zwischen den Beschäftigten. Die Klägerin machte den Differenzbetrag geltend und behauptete aufgrund ihres Geschlechts benachteiligt worden zu sein.
Vorinstanzen wiesen Klage ab
Interessant an dem Instanzenzug ist, dass die Vorinstanzen allesamt die Klage abgewiesen hatten. Mit der Revision beim BAG drang die Klägerin schließlich mit Ihren Ansprüchen durch.
Die Entscheidung des BAG Verweist auf den Grundsatz des gleichen Lohns für gleiche Arbeit. Da die Klägerin die gleiche Arbeit wie ihre männlichen Kollegen verrichtete, jedoch weniger Grundentgelt bezahlt bekam, nahm das Gericht eine Diskriminierung aufgrund des Geschlechts an. Die Beweislastumkehr nach § 22 AGG ließ dies vermuten, da Indizien für eine Ungleichbehandlung wegen des Geschlechts vorlagen. Weder das Argument der Verhandlungen noch der Stellennachfolge vermochten die vermutete Benachteiligung zu widerlegen.
Neben der Entgeltdifferenz sprach das BAG der Klägerin zudem ein Schmerzensgeld nach § 15 Abs. 2 AGG in Höhe von 2000 Euro zu.
Nicht erst seit gestern unzulässig
Nach nunmehr über 5 Jahren Entgelttransparenzgesetz und 17 Jahren Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz überrascht es, dass die gesetzlichen Anforderungen noch immer nicht im Arbeitsleben angekommen zu sein scheinen. Auch die Entscheidungen der Vorinstanzen verwundern nicht zuletzt im Lichte der Beweislastumkehr des AGG. Gerade im Bereich der Geschlechterdiskriminierung wurde mit § 7 EntgTranspG noch einmal der Grundsatz der Entgeltgleichheit betont.
Arbeitgeber sind nicht erst seit dem jüngsten BAG Urteil gut beraten, wenn Sie unterschiedliche Entgelte entsprechend diskriminierungsfrei gestalten und beispielsweise an Qualifikationen, Aufgabenbereiche etc. anknüpfen. Auch die übrigen Diskriminierungsmerkmale nach § 1 AGG sollten berücksichtigt werden. So ist beispielsweise die Abstufung der Urlaubstage nach Lebensalter (BAG Urteil vom 20.03.2012, 9 AZR 529/10) ebenso rechtswidrig wie Benachteiligungen aufgrund von Behinderungen. Gerade mit Blick auf die Beweislastumkehr empfiehlt es sich, die Ausgestaltung und insbesondere Abweichungen hinreichend zu begründen und zu dokumentieren.
Basierend auf der Pressemitteilung des Bundesarbeitsgerichts zum BAG Urteil vom 16.02.2023, 8 AZR 450/21.
Der Volltext der Entscheidung lag zum Zeitpunkt der Veröffentlichung noch nicht vor.
Hinweis auf „Benachteiligung vermutet“