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Die Juristerei

Trinkgeld und Mindestlohn

Trinkgeld und Mindestlohn

Insbesondere im Gaststätten- und Hotelgewerbe sind Trinkgelder häufig ein fester Bestandteil des Arbeitsalltags und werden entsprechend oft fest eingeplant. Dabei stellt sich die Frage, ob Trinkgelder auf den Mindestlohn anzurechnen sind. Die rechtlichen Bewertungen gehen dabei auseinander, wenngleich gute Gründe gegen eine Anrechnung auf den Mindestlohn sprechen.

Trinkgeld als Belohnung

Zunächst ist ein Blick in § 107 Abs. 3 S. 2 GewO aufschlussreich. Dort heißt es zum Trinkgeld:

Trinkgeld ist ein Geldbetrag, den ein Dritter ohne rechtliche Verpflichtung dem Arbeitnehmer zusätzlich zu einer dem Arbeitgeber geschuldeten Leistung zahlt.

§ 107 Abs. 3 S. 2 GewO

Hieraus wird bereits deutlich, dass Trinkgelder nicht vom Arbeitgeber, sondern von einem Dritten, nämlich dem Gast, gezahlt werden. Insofern steht die Gabe von Trinkgeldern nicht im Machtbereich des Arbeitgebers, sondern hängt von der Gunst des Gastes ab. Es ist daher seiner Natur nach keine Entlohnung von Arbeit, sondern vielmehr eine Belohnung eben solcher. Sowohl Höhe als auch die Entscheidung überhaupt Trinkgeld zu geben, liegen einzig beim Gast.

Ein Blick in andere Länder verrät, dass dies durchaus auch anders sein kann. In Italien beispielsweise zahlt man üblicherweise kein Trinkgeld, sondern entrichtet einen gewissen Betrag für das Gedeck. Hier hat der Arbeitgeber einen festen Zugriff auf das “Trinkgeld”.

Mindestlohngesetz als Existenzsicherung

Das Mindestlohngesetz soll gerade dazu dienen, dass Arbeitnehmer ein existenzsicherndes Einkommen erhalten. Bei Trinkgeldern ist – auch in gut laufenden Betrieben – jedoch ungewiss, in welcher Höhe und ob überhaupt den Beschäftigten Trinkgeld zukommt. Auf die verschiedensten Formen der Aufteilung und Verteilung sei an dieser Stelle nur hingewiesen. Zur Existenzsicherung gehört neben der Höhe des Verdienstes aber auch die soziale Absicherung. Trinkgelder sind jedoch von Steuern (§ 3 Nr. 51 EStG) und Sozialabgaben (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 SvEV) ausgenommen. Auch unter diesem Aspekt ist folglich die Anrechnung von Trinkgeldern auf den Mindestlohn abzulehnen.

Eine gelungene und ausführliche Abhandlung zu dem Thema “Trinkgeld und Mindestlohn” findet sich bei Sagan, „Stimmt so!“ – Die Anrechnung von Trinkgeld auf den gesetzlichen Mindestlohn, in NJW 2019, 1977 ff.