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Diskriminierung und Aufruf zu Hass in der Schweiz strafbar

Diskriminierung und Aufruf zu Hass in der Schweiz strafbar

Die Schweiz hat mit der Aufnahme des Art. 261bis 278 des schweizer Strafgesetzbuchs (StGB) im Juli 2020 neue Maßstäbe im Anti-Diskriminierungsrecht gesetzt. Damit hat sich der Gesetzgeber des Alpenlandes dazu entschloss, umfassend diskriminierende Handlungen unter Freiheits- und Geldstrafe zu stellen. Wer diskriminiert muss mit bis zu drei Jahren Gefängnis rechnen. Ein Modell, das auch für Deutschland und die Europäische Union (EU) von Bedeutung sein sollte.

Während sich die EU mit einigen Richtlinien zur Regelung von Diskriminierungen behilft und Deutschland seit 2006 versucht Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen, vgl. § 1 AGG, schöpfen die Eidgenossen mit der jüngsten Änderung des StGB nunmehr aus den juristischen Vollen.

Gesetzesänderung mit weitreichenden Folgen

Unter Strafe stehen dort nunmehr: der Aufruf zu Hass oder Diskriminierung, die öffentliche Verbreitung von Ideologien, die auf systematische Herabsetzung und Verleumdung gerichtet sind, sowie damit in Verbindung stehende Propagandaaktionen.

Doch damit nicht genug. Die weitreichendsten Auswirkungen der Gesetzesänderung dürften auf den allgemeinen Geschäftsverkehr und Handel zu verzeichnen sein. Denn vom Regelungsbereich sind nunmehr auch „angebotene Leistungen, die für die Allgemeinheit be­stimmt sind“ erfasst. Unter Strafe gestellt ist die Verweigerung derartiger Leistungen gegenüber einer Person oder einer Gruppe von Personen wegen ihrer Rasse, Ethnie, Religion oder sexuellen Orientierung.

Kontoeröffnung verweigert

Und so ließ der erste größere Fall zu Art. 261bis 278 StGB nicht lange auf sich warten: Der schweizer Trägerverein zur Initiative „Nein zur Ehe für alle“, die ein Referendum gegen die Ehe für alle auf den Weg gebracht hat, wollte ein Bankkonto eröffnen. Hierzu fragte der Verein bei einigen schweizer Banken an. Unter anderem die Raffeisenbank lehnte eine Kontoerföffnung ab. Dagegen geht der Verein nunmehr juristisch vor und stellte Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft. Man sieht einen Verstoß gegen Art. 261bis 278 StGB aufgrund der (hetero-)sexuellen Orientierung, sowie der religiösen Überzeugung gegeben, wonach die Ehe Mann und Frau vorbehalten sei. Die Bank hatte die Absage zunächst nicht bzw. nur ausweichend begründet und mündlich ein „Reputationsrisiko“ genannt.

Ob die Strafanzeige im konkreten Fall letztlich verfängt, ist allerdings fraglich. Immerhin ist unklar, ob sich die Aussage des Reputationsrisikos tatsächlich auf die religiösen und geschlechtlichen Aspekte bezog oder aber die politische Arbeit der Initiative Anlass für die Äußerung war.

Dennoch verdeutlicht der Fall die Brisanz des neuen Art. 261bis 278 StGB und dessen Auswirkungen auf den täglichen Geschäftsbetrieb. Zukünftig dürften daher Angebote und Dienstleistungen in der Schweiz zusätzlich einer intensiven Diskriminierungsprüfung ausgesetzt sein. Neben der tatsächlichen Strafverfolgung wird im Nachbarland somit ein nicht zu unterschätzender präventiver Anti-Diskriminierungseffekt im täglichen Geschäftsverkehr einsetzen.