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Betriebsunfälle sind auch im beschwipsten Zustand möglich

Betriebsunfälle sind auch im beschwipsten Zustand möglich

So entschieden vom Dortmunder Sozialgericht. Die Klägerin war als Industriekauffrau tätig und besuchte eine außerbetriebliche Maßnahme ihres Arbeitgebers. Im Zusammenhang mit dem durchgeführten Workshop zur Verbesserung des Arbeitsklimas gab es abends anschließend ein Grillfest, bei dem auch Alkohol ausgeschenkt wurde. Als die Klägerin zur vorgerückten Stunde die Toilette aufsuchen wollte, knickte sie mit ihren Absatzschuhen auf dem Weg dorthin auf einer Treppe um und zog sich eine Fraktur am Sprunggelenk zu. Bei der anschließenden Behandlung im Krankenhaus wurde eine Blutalkoholkonzentration von 1,99 Promille festgestellt.

Die Berufsgenossenschaft lehnte die Anerkennung eines Arbeitsunfalls ab, wogegen sich die Klägerin wehrte. Immerhin habe sie sich zum Unfallzeitpunkt bei ihrer versicherten Tätigkeit befunden habe. Es hätten sich noch ca. 80 Prozent der Teilnehmer auf der Veranstaltung befunden. Weder durch den anwesenden Geschäftsführer, noch durch die beiden organisierenden Vorgesetzten sei ein Ende der Veranstaltung mitgeteilt worden. Daher sei nicht erkennbar, warum es keinen betrieblichen Anlass mehr gegeben haben solle.

Der Weg zur Toilette ist mitversichert

Das Gericht bejahte in dem Fall der Klägerin einen Arbeitsunfall. Der Weg zur Toilette sei auch im Rahmen einer Betriebsgemeinschaftsveranstaltung versichert. Die Klägerin befand sich auf einer betrieblichen Veranstaltung, deren Zweck gerade in der Stärkung des Zusammenhalts der Mitarbeiter bestand. Auch der Grillabend gehörte zu besagter Veranstaltung.

Unbeachtlich für die Bewertung als Arbeitsunfall sei, ob über betriebliche Themen gesprochen oder gar die Kosten für die Bewirtung vom Arbeitgeber übernommen wurden. Letztlich sei entscheidend gewesen, dass die Veranstaltung weder im Vorfeld ein vorgegebenes Ende hatte, noch ein Ende durch den Arbeitgeber vor Ort bekannt gegeben wurde.

Die Alkoholisierung der Klägerin führe ebenfalls nicht zum Wegfall des Versicherungsschutzes. Davon sei erst auszugehen, wenn ein deutlicher Leistungsabfall zu verzeichnen sei. Im vorliegenden Fall ging es um das gesellige Beisammensein, und an diesem konnte die Klägerin trotz der hohen Blutalkoholkonzentration in angemessener Weise folgen.

Anmerkung: Die Frage nach dem Versicherungsschutz bei betrieblichen Veranstaltungen hat die Gerichte in der Vergangenheit vielfach beschäftigt – so z.B. bezüglich betrieblicher Weihnachtsfeiern. Fest steht, dass der Versicherungsschutz nicht unbegrenzt gilt. Das Urteil bestätigt zudem, dass man sich hinsichtlich der Beurteilung nicht ohne Weiteres auf die äußeren Umstände verlassen kann. So sind Kostenübernahme oder die Zahl der noch anwesenden Mitarbeiter keine Indizien für ein Bestehen des Versicherungsschutzes.

Auf das offizielle Ende kommt es an

Vielmehr kommt es auf das offizielle Ende der Veranstaltung an. Zudem die Veranstaltung allen Beschäftigten offen stehen, bzw. bei großen Unternehmen einer Abteilung. Wichtig ist auch, dass der Unfall zweifelsfrei im Rahmen der Veranstaltung geschehen ist.

Der Konsum von Alkohol ist für den Versicherungsschutz so lange unbeachtlich, als dass dem Veranstaltungszweck gefolgt werden kann. Doch Vorsicht: Sofern anschließend ein “Arbeitsweg” zurückgelegt wird, müssen die entsprechenden Promille-Grenzen beachtet werden bzw. dürfen bei der Teilnahme am Verkehr keine Ausfallerscheinungen auftreten.
(Basierend auf SG Dortmund, Urt. v. 1.2.2018 – S 18 U 211/15).