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Heidenspaß trifft Tanzverbot

Heidenspaß trifft Tanzverbot

Während in den vergangenen Corona-Jahren der mediale Aufschrei wegen des bei Partygängern gefürchteten Tanzverbots ausblieb, scheint sich eine Zeitenwende auch in puncto stille Tage abzuzeichnen. So finden nunmehr vereinzelt auch Musikveranstaltungen statt. Was es damit auf sich hat und wieso das Tanzverbot selbst in Bayern nicht mehr uneingeschränkt gilt, soll nachfolgend am Beispiel der Heidenspaß-Party in Würzburg näher beleuchtet werden.

Die sogenannten “stillen Tage” bilden das letzte Refugium der Ruhe in unserer hektischen Zeit. Doch was einst als unumstößliche Ruhezeit galt, wankt vor dem Eindruck der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts. So findet am Karfreitag in Würzburg erstmals eine größere Musikveranstaltung statt. Unter dem Namen „Heidenspaß-Party“ findet man sich in der würzburger Posthalle zusammen. Grundsätzlich steht das Feiertagsgesetz derartigen Zusammenkünften diametral entegegen.

Rechtliche Ausgangslage

In Bayern sind die “stillen Tage” in Art. 3 des Gesetzes über den Schutz der Sonn- und Feiertage (Feiertagsgesetz oder kurz FTG) geregelt. Betroffen sind insbesondere die Tage vor dem Osterfest, nämlich: Gründonnerstag, Karfreitag und Karsamstag. Im Gesetz heißt es:

An den stillen Tagen sind öffentliche Unterhaltungsveranstaltungen nur dann erlaubt, wenn der diesen Tagen entsprechende ernste Charakter gewahrt ist. Sportveranstaltungen sind jedoch erlaubt, ausgenommen am Karfreitag und am Buß- und Bettag. Am Karfreitag sind außerdem in Räumen mit Schankbetrieb musikalische Darbietungen jeder Art verboten.

Art. 3 Abs. 2 FTG

Festzuhalten ist, dass das FTG weiterhin gilt und es von Gründonnerstag Morgen um 2 Uhr an bis 24 Uhr an Karsamstag nicht erlaubt ist, öffentliche Unterhaltungsveranstaltungen durchzuführen, die dem ernsten Charakter dieser Tage zuwiderlaufen. Karfreitag sind zudem musikalische Darbietungen in Schankbetrieben, sprich Kneipen und Gaststätten, verboten.

Bundesverfassungsgericht verlangt Ausnahme

Allerdings hatte das Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 27.10.2016 – 1 BvR 458/10 dem uneingeschränkten Tanzverbot ein jähes Ende gesetzt. Zwar stellte das Gericht fest, dass der besondere Stilleschutz mit seinen Grundrechtseinschränkungen dem Grunde nach durch der Sonn- und Feiertagsschutz (Art. 140 GG i. V. m. Art. 139 WRV) gerechtfertigt ist, da hierdurch andere lediglich zur äußeren Ruhe angehalten sind, jedoch sehen die Regelungen keine hinreichenden Ausnahmen vor. So seien beispielsweise Veranstaltungen, die ebenfalls unter den Schutzbereich der Glaubens- und Bekenntnisfreiheit oder unter die Versammlungsfreiheit fallen, entsprechend abzuwägen. Somit ist aktuell zu prüfen, ob Veranstaltungen vor diesem Hintergrund an den stillen Tagen stattfinden können.

Heidenspaß-Party mit Versammlungs- und Religionscharakter

Die Heidenspaß-Party in Würzburg am Karfreitag stößt genau in diese Regelungslücke hinein. So beschränkt sich die Party nicht bloß auf musikalische Darbietungen durch einen DJ, sondern informiert mittels Flyern und Plakaten zum Thema Atheismus. Zudem wird der Film „Das Leben des Brian“ (inkl. Gebetsmahnwache) gezeigt. Die Stadt Würzburg argumentierte neben dem Verweis darauf, dass es sich nicht um eine reine Vergnügungsveranstaltung handele, zudem damit, dass der Veranstaltungsort „Posthalle“ weitestgehend abgelegen ist, sodass niemand gestört werde.

Schwierige Abwägung

Die Abwägung dürfte im Einzelfall schwierig sein, wie das konkrete Beispiel der Heidenspaß-Party in Würzburg zeigt. So kann die Veranstaltung durchaus auch als bewusst provokante Aktion gesehen werden, durch die auch Gefühle religiöser Menschen verletzt werden. Gleichwohl müssen mit Blick auf die Versammlungsfreiheit wohl auch kritische Stimmen und Aktionen bei der Abwägung berücksichtigt werden. Mit Blick auf die immer säkularere Gesellschaft kann jedenfalls erwartet werden, dass sich weitere Lockerungen – auch in Bayern – in den kommenden Jahren durchsetzen werden.