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Kein Rechtsanspruch auf kostenlose Toilettennutzung an Autobahnen

Kein Rechtsanspruch auf kostenlose Toilettennutzung an Autobahnen

Rainald Grebe will die Welt verändern. Und den Anfang wollte er mit dem Kampf gegen kostenpflichtige Autobahntoiletten machen. Der Kabarettist und Schauspieler empfindet nämlich das Treiben von Sanifair – eine Tochtergesellschaft von Autobahn Tank & Rast GmbH – alles andere als fair und spricht bei 70 Cent pro Toilettengang von Abzocke. Gar in seinen Grundrechten fühlt sich sich Grebe verletzt und brachte die Sache vor Gericht. Doch das OVG Koblenz stellte nunmehr auch in zweiter Instanz fest, dass es keinen Rechtsanspruch für die kostenlose Nutzung von Autobahntoiletten gebe.

Das Geschäft mit dem Geschäft

Sanifair – die Beigeladene im Prozess – betreibt Raststätten an Bundesautobahnen über einen Konzessionsvertrag mit der Bundesrepublik Deutschland – auch in Rheinland-Pfalz, wo Grebe die Klage erhob. Nutzer zahlen 70 Cent pro Toilettengang und erhalten einen Wert-Bon in Höhe von 50 Cent, dessen Einlösung wiederum an einen Mindesteinkaufswert voraussetzt. Das Gericht sah, wie auch die Richter der Vorinstanz, schon keine Anspruchsgrundlage für die kostenlose Nutzung von Toiletten gegeben. Weder begründe der Rahmenvertrag mit der Bundesrepublik (der inzwischen gekündigt ist) einen Anspruch, noch ließe sich ein solcher aus den Grundrechten herleiten. Das Entgelt sei zudem mit 70 Cent als geringfügig anzusehen. Ferner stünden in Rheinland-Pfalz 54 kostenlose Toilettenanlagen an Autobahnen zur Verfügung. Es sei zumutbar nach dem Tanken und Essen mehrere Kilometer zu einer kostenlosen öffentlichen Toilette zu fahren, ohne dass die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs gefährdet sei durch die Fahrt mit voller Blase.

Ähnlich sah es auch das OVG Münster, dass einem Kläger, der unter krankhaften Harndrang leidet, die Prozesskostenhilfe versagte, weil es weder eine Grundlage für die kostenlose Nutzung von öffentlichen Toiletten gebe, noch besondere Eile zur übergangsweisen Aufstellung von Dixi-Toiletten. (OVG Münster, Beschl. v. 14.12.2017 – 15 E 830/17, 15 E 831/17).

Geld stinkt nicht

Auch wenn die Fälle ein Schmunzeln auslösen, so ist die Frage nach der unentgeltlichen Bereitstellung von öffentlichen Toiletten im Rahmen der Daseinsvorsorge durchaus berechtigt. Denn eines fällt auf: kostenlose öffentliche Toiletten werden immer seltener. Initiativen wie „nette Toilette“ und kostenpflichtige Angebote stellen die Grundversorgung für die Grundbedürfnisse sicher. Ähnlich wie der Zugang zu Wasser ist auch die Toilettennutzung als Grundbedürfnis zu sehen, das einen sensiblen Bereich berührt. Eine fortschreitende Privatisierung ist dabei durchaus kritisch zu sehen. 70 Cent sieht das OVG als geringfügiges Entgelt an. Die Gefahr einer Monopolstellung von Sanifair und ausufernden Preiserhöhungen ist dabei sicherlich nicht fernab jedweder Vorstellungskraft von Autofahrern, die in der Vergangenheit Preiserhöhungen ebenso mitverfolgt haben wie das Einzäunen von Rastanlagen.

Dabei ist die Ausgangslage keinesfalls neu. Bereits die alten Römer baten bei der Benutzung öffentlicher Latrinen zur Kasse und wussten „pecunia non olet“ („Geld stinkt nicht“). Gleichzeitig gab es aber auch im alten Rom immer Möglichkeiten, sich kostenlos zu erleichtern.

Es bleibt zu beobachten, wie sich die Zahl der kostenlosen öffentlichen Toiletten und die Preise von privaten Anbietern in Zukunft entwickeln.

 

Basierend auf OVG Koblenz, Beschl. v. 24.7.2018 – 1 A 10022/18.OVG.