Über Geschmäcker lässt sich bekanntlich streiten und nicht immer ist klar, ob es sich beim Streitgegenstand tatsächlich um Kunst handelt, oder ob es vielleicht sogar weg kann. Mit eben jener Frage hatte sich das Oberlandesgericht Köln kürzlich auseinander zu setzen.
Der Fall
Im Fall, der über das Amtsgericht und Landgericht schließlich beim Oberlandesgericht in Köln landete, ging es um einen 50-jährigen Angeklagten aus München, der Skizzen vom Künstler Gerhard Richter mitgenommen hatte. Die mit Ölfarbe übermalten Fotografien lagen neben einer umgefallenen Papiertonne auf dem Grundstück des Künstlers in Köln und der Angeklagte ging davon aus, dass er die der Wertstoffabfuhr zugeführten Stücke an sich nehmen durfte. Der Münchner gestand im Prozess vor dem Landgericht die Mitnahme der Werke und äußerte, dass er sich keiner Schuld bewusst war. Später versuchte der Angeklagte, sich die Werke vom Künstler signieren zu lassen und über ein Auktionshaus zu verkaufen.
Bereits die vorangegangenen Instanzen sahen den Tatbestand des Diebstahls nach § 242 StGB für erfüllt an und das Landgericht verurteilte den Angeklagten zu 60 Tagessätzen zu je 20 Euro Geldstrafe. Das OLG bestätigte diese Auffassung und ging ebenfalls davon aus, dass die Werke auch dann noch im Eigentum des Künstlers standen, als Richter diese zuvor aussortiert und in die Papiertonne gelegt hatte. Im Wegwerfen wird eine Handlung gesehen, wodurch der Künstler seine Werke als solche willentlich dem (Rechts-)Verkehr entziehen möchte. Das Gewahrsam an den Skizzen sei auch im Falle der umgekippten Mülltonne noch zu bejahen.
Die Gerichte vertreten dabei die Auffassung, dass für den Angeklagten erkennbar war, dass Richter weiterhin die Rechte an den Gegenständen zustehen. Daher handele es sich in diesem Fall auch um einen vermeidbaren Verbotsirrtum nach § 17 Abs. 2 StGB.
Rechtsproblem: Müll
Gänzlich überraschend ist die Entscheidung nicht. Immerhin kann bereits bei normalen Abfällen kaum von einer Aufgabe der Eigentumsrechte ausgegangen werden. Denn erst mit der Abholung durch die Entsorgungsfirma findet auch eine bewusste Eigentumsübertragung statt. Schließlich handelt es sich bei Müll um Wertstoffe im eigentlichen Sinne. Der Müll wird ja gerade zum Zwecke der Abholung und anschließenden Entsorgung in die Mülltonne gegeben. Folgerichtig handelt es sich bei der Entnahme von Gegenständen aus der Abfalltonne um einen Diebstahl. Die Problematik stellt sich auch vor dem Hintergrund des sog. „Containerns“, bei dem noch genießbare Lebensmittel aus Abfallbehältern von Supermärkten entnommen werden. Bezüglich des Containerns gibt es daher auch Bestrebungen, rechtliche Grundlagen zur Legalisierung zu schaffen.
Fazit
Es bleibt festzustellen: Kunst kann in keinem Fall einfach so weg. Und wenn überhaupt, dann nur durch das Entsorgungsunternehmen bzw. den zur Entsorgung Berechtigten. Und auch nur, wenn der Künstler es zuvor selbst der Entsorgung zugeführt hat.
Hinweis auf:
OLG Köln Beschl. v. 21.4.2020 – III-1 RVs 78/20
AG Köln Urteil v. 24.4.2019 – 539 Ds 48/18