„Hallo ihr Lieben!“, mit dieser Phrase beginnen im 21. Jahrhundert Werbespots. Wenn Sie das noch nicht gehört oder gesehen haben, dann liegt es vermutlich daran, dass Sie sich eher im digitalen Off bewegen und zum Medienkonsum höchstens in die TV-Röhre starren. Alle YouTube-Nutzer und sonstigen digital natives dürfte längst klar sein, worum es geht: Influencer.
Nicht erst seit Oliver Pochers „Bildschirmkontrolle“, bei der Influencer auf ihre Machenschaften hin durchleuchtet werden, rücken Influencer in den Fokus der gesellschaftlichen Wahrnehmung. Was neudeutsch als „product-placement“ bezeichnet wird, ist quasi das Tagesgeschäft dieser wachsenden Sparte an Unterhaltung. Und die Schar der Influencer nimmt täglich zu. Und so haben auch Unternehmen längst erkannt, dass es kaum einen effektiveren Weg gibt, Werbeinhalte zielgerichteter und günstiger an den Mann oder die Frau zu bringen als durch diese aufstrebenden Internetpersönlichkeiten. Selbst lokale Instagram- oder YouTube-Kanäle mit überschaubarer Follower-Zahl rühren mit im großen Vermarktungsgeschäft.
Von Kennzeichnungspflicht bis Steuerrecht
Ein altbekanntes Problem beim Influencerdasein ist die Kennzeichnungspflicht von Werbeinhalten. Der Begriff „Werbung“ ist dabei durchaus weit zu fassen. Zuletzt stellte das OLG Braunschweig in seiner Entscheidung vom 13. Mai 2020 (Az. 2 U 78/19) fest, dass auch im bloßen Verlinken von Herstellern und Produkten in Artikeln und Posts eine unzulässige Werbung zu sehen ist. Und das selbst dann, wenn man keine materielle Gegenleistung erhält. Das Gericht sah die Stärkung der eigenen Marke bzw. die eigene Imagepflege als ausreichend an, um eine Kennzeichnungspflicht für erforderlich zu erachten. Für die Follower – und damit die Verbraucher – ist es mithin schwierig zwischen Werbeinhalt und privater Meinung zu unterscheiden. Gerade im Verwischen dieser Grenzen liegt die Attraktivität und Effektivität der Influencerwerbung. Somit ist es nicht verwunderlich, dass die Gerichte klare Grenzen ziehen und den Verbraucherschutz betonen.
Klarheit könnte auch eine vom Bundesjustizministerium geplante Gesetzesänderung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) bringen. Man will wohl gezielt den Fall der Influencer regeln, deren gesamte Tätigkeit – wie das LG Koblenz in seiner Entscheidung vom 8. April 2020 (Az. 1 HK O 45/17) feststellte – generell als Werbung einzustufen sei, weshalb viele Influencer schlichtweg alles als Webung kennzeichnen. Dies wiederum ist mit Blick auf den Verbraucherschutz ebenfalls wenig hilfreich, sodass das Bundesjustizministerium Posts von der Kennzeichnungspflicht ausnehmen möchte, wenn die Werbung ohne Gegenleistung erfolgt und vorrangig der Information und Meinungsbildung dient. Ob und wann mit einer Gesetzesänderung zu rechnen ist, ist derzeit allerdings noch offen.
Der Influencer als Unternehmer
Dass sich die Werbeaktivitäten mitunter lohnen können, zeigen einige Influencer aktuell sehr eindrucksvoll auf ihren Kanälen. Prächtige Häuser und teure Einrichtungen rufen allerdings nicht nur Bewunderer auf den Plan. Auch die Finanzbehörden scheinen vermehrt ihren Blick auf die Vorgänge in der digitalen Welt zu richten. So hat beispielsweise das Bayerische Landesamt für Steuern eine „FAQ für Social-Media-Akteure“ auf ihre Seiten gestellt, in der – ausgeschmückt mit Clip-Arts aus den 90ern – kurz und knapp erklärt wird, wann Influencer Steuern zahlen müssen und was es sonst noch zu beachten gilt. Kaum verwunderlich, immerhin sind viele Influencer doch längst gestandene Unternehmer mit vielfachen Einnahmequellen (Werbeverträge, Affiliate-Marketing, kostenlose Produktproben, etc.).
Ganz schön komplex.
Wer – wie so viele insbesondere junge Leute – den Berufswunsch Influencer hegt, der sollte sich unbedingt im Vorfeld ausführlich über die gesetzlichen Gegebenheiten informieren. Für die Umsatzsteuerpflicht beispielsweise reicht es aus, selbständig und nachhaltig Einnahmen zu generieren – auf eine Gewinnerzielungsabsicht kommt es hingegen gar nicht an. Wer allerdings im Kalenderjahr nicht mehr als 22.000 € einnimmt, der kommt in den Genuss der Kleinunternehmerregelung. Die Gewinnerzielungsabsicht hingegen ist für die Gewerbeanmeldung bedeutend. Bei Influencer dürfte diese Absicht regelmäßig vorliegen, weshalb in der Regel eine Gewerbeanmeldung erforderlich ist. Und dann wäre da noch die Sache mit den kostenlosen Werbeprodukten, die dem Influencer vielfach überlassen werden. Hierbei handelt es sich genau genommen um Sachzuwendungen, die ggf. einkommensteuer- und umsatzsteuerlich zu beachten sind. Anders sieht es aus, wenn der „Schenkende“ eine Pauschalsteuer nach § 37 b EStG abgeführt hat. „Ganz schön komplex.“, schreibt selbst die Finanzbehörde in ihren Ausführungen. Daher sollte man unbedingt die (steuer)rechtlichen Details bedenken und alles möglichst präzise vertraglich regeln.
Sonst noch was?
Doch das ist längst nicht alles, was Influencer beachten sollten. Juristische Fallstricke lauern quasi an jeder Ecke der digitalen Selbstvermarktung. So kann beispielsweise durch unbedachtes Kopieren von Inhalten das Urheberrecht verletzt sein. Datenschutzrechtliche Aspekte wie die Informationspflicht gegenüber den Nutzer oder aber die erforderliche Einwilligung für persönliche Produktlinks, die ein Nutzertracking erlauben, können bei Nichtbeachtung schnell teuer werden. Aber auch die vermeintlich coole Fotolocation – wie z. B. das verlassene Werksgelände oder die Bahnstrecke – kann auf vielfacher Ebene ein juristisches Nachspiel haben, weshalb deren Nutzung unbedingt im Vorfeld mit den Eigentümern abgeklärt werden sollte.
Fazit
Ein Posting ist schnell erstellt, doch sollte die vermeintlich einfache Handhabe nicht darüber hinwegtäuschen, dass Influencer auch rechtlich einiges beachten müssen. Und auch die Follower sollten wissen, was hinter der schillernden digitalen Konsumwelt und den verlockenden persönlichen Rabattcodes steckt, wenn sie ein Abo dalassen.
Hinweis auf:
OLG Braunschweig Entsch. v. 13.5.2020 – 2 U 78/19
LG Koblenz in seiner Entsch. v. 8.4.2020 – 1 HK O 45/17
Bayerisches Landesamt für Steuern, Ich bin Influencer- Muss ich Steuern zahlen? FAQ für Social-Media-Akteure