Das österreichische Urteil schlägt in Deutschland hohe Wellen. Der Mieter erstritt dabei – unter Berufung auf den Datenschutz – die in Wien nicht unübliche Kennzeichnung des Klingelschildes ohne Namen. Die Beschriftung mit Wohnungslage oder Nummer ist in anderen europäischen Ländern nicht unüblich und so ist der Blick über den Tellerrand ein interessanter Denkanstoß. Schließlich ist bereits die Tatsache, dass ein Urteil eines anderen europäischen Mitgliedstaates hierzulande derartige Beachtung findet, sehr erfreulich.
Doch wie steht es nun um des Deutschen Klingelbeschriftung? Findet die DSGVO überhaupt Anwendung auf die vielen selbstgebastelten oder kunstvoll ausgestalteten Schilder?
Einordnung unter die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO)
Gemäß Art. 2 Abs. 1 DSGVO gilt die DSGVO für die ganz oder teilweise automatisierte Verarbeitung personenbezogener Daten sowie für die nichtautomatisierte Verarbeitung personenbezogener Daten, die in einem Dateisystem gespeichert sind oder gespeichert werden sollen.
Bei dem Namen neben der Klingel handelt es sich zweifelsfrei um personenbezogene Daten, die nach der Definition des Art. 4 Nr. 1 DSGVO eine Person identifizierbar machen, zumal in Kombination mit der Straße und Hausnummer für Jedermann die gesamte Anschrift offenkundig ist.
Verwendung personenbezogener Daten
Auch liegt mit dem Namensschild eine Verarbeitung der Daten im Sinne der DSGVO vor. Zur Verarbeitung zählen nach Art. 4 Nr. 2 DSGVO die Organisation, das Ordnen, die Speicherung, die Verwendung, die Offenlegung durch Übermittlung, Verbreitung oder eine andere Form der Bereitstellung. Bringt ein Vermieter also den Namen des Mieters an, so verwendet er auf jeden Fall dessen personenbezogene Daten und macht diese der Öffentlichkeit zugänglich.
Eine – wie in Art. 2 Abs. 1 DSGVO vorgesehene – automatisierte Verarbeitung muss nicht zwingend elektronischer Art sein, sondern lediglich durch einen Automatismus erfolgen. Ob die Anbringung der Namen hierunter zu fassen ist, ist allerdings zweifelhaft.
Jedenfalls gilt die DSGVO auch für nichtautomatisierte Verarbeitung; nämlich dann, wenn die Daten in einem Dateisystem gespeichert werden. Unter einem „Dateisystem” ist nach Art. 4 Nr. 6 DSGVO jede strukturierte Sammlung personenbezogener Daten, die nach bestimmten Kriterien zugänglich sind, zu verstehen. Ein Dateisystem muss nicht zwingend digitaler Natur sein, es genügen auch Akten o.ä. Da die Namen an Klingelschildern über die Anschrift des Hauses Personen zugeordnet werden können und das Klingelschild eine Darstellung der im Haus wohnenden Personen ist, ist diese Namensauflistung als Dateisystem zu werten. Bereits der Name als solcher genügt, um einen gleichartigen und strukturierten Aufbau zu begründen. Darüber hinaus geben einige Klingelschilder sogar Aufschluss darüber, in welcher Wohnung genau, die Personen leben.
Welches Interesse besteht?
Ein berechtigtes Interesse seitens der Vermieter, welches die Einwilligung entfallen lassen würde, ist nicht ersichtlich. Im Verhältnis Vermieter zu Mieter ist die Anbringung des Namens nicht zwingend erforderlich. Der Vermieter könnte den Mieter ebenfalls über die Bezeichnung der Wohnung, eine Nummer o.ä. kontaktieren. Der Wunsch nach einer einheitlichen Gestaltung der Türklingel erscheint als begründetes Interesse gegenüber dem Schutz der persönlichen Daten des Mieters als ungeeignet. Somit wäre eine Einwilligung der betroffenen Personen einzuholen.
Ob die konkludente Einwilligung ausreicht, um der DSGVO zu genügen, ist fraglich.Die Masse an Klingelschildern und die bisherige in Deutschland gängige Praxis lassen dies wohl annehmen. Es sei aber auf die Dokumentationspflicht nach der DSGVO hingewiesen.
Zusammenfassend müssten sich Vermieter – um sicher zu gehen – tatsächlich die Einwilligung der Vermieter einholen oder zumindest das Einverständnis dokumentieren, um deren Namen an Klingelschildern anzubringen. Das Anbringen gegen den Willen des Mieters wäre wohl in jedem Fall ein Verstoß gegen die DSGVO.
„Wie mein Name an der Tür“
In praktischer Hinsicht sei darauf verweisen, dass die Zuordnung durchaus über ein Nummernsystem erfolgen kann. In anderen Ländern ist dies durchaus üblich. In Deutschland ist der „Name an der Tür“ nicht nur Schlagertext, sondern üblich und ermöglicht bislang beispielsweise die Postzustellung. Somit ist man hierzulande nahezu gezwungen, den Namen anzubringen. In einem Nummern- oder Wohnungslagensystem wäre diese Angabe freiwillig.
Auch wenn der Datenschutz und gerade die DSGVO gerne als Aufregerthema herhalten muss, so bietet es gleichzeitig Grund zum Überdenken eingefahrener Systeme und Handlungsweisen.